Wir schreiben über das, was uns schmeckt, über den Durst, und wir werden keine Wahrheiten liefern, sondern Denkanstösse.

Stings Message in a Bottle

Stings Message in a Bottle

Fotos: Jörg Wilczek

Fotos: Jörg Wilczek

Musiklegende Sting ist zurzeit auf Europatour und nutzt die freie Zeit vor den Konzerten dazu, seine Weine zu promoten. Seit 1997 hat Sting nämlich ein Anwesen in der Toskana und seit einigen Jahren macht er dort auch Wein. Also natürlich nicht er, sondern von ihm angestellte Leute. „Mein Beitrag an dieses Projekt ist sehr beschränkt“, behauptet Sting bei seinem Besuch in der Schweiz. Aber irgendwie mögen wir nicht glauben, dass jemand wie Sting Weine mit den Namen seiner berühmtesten Songs promotet und dann so gar nicht daran beteiligt sein soll.

Spiel mit dem Erfolg

Sting ist eine Ausnahmeerscheinung in der Musikwelt. In den 80er-Jahren mit der Band The Police berühmt geworden, entwickelte er sich immer weiter, und zwar so, wie es ihm selbst gefällt. Sting ist ein Getriebener, das sagen nicht nur seine nächsten Wegbegleiter. Wer seine Karriere genauer studiert, könnte fast glauben, dass er den Erfolg manchmal bewusst aufs Spiel setzt, um dann genau mit diesem Erfolg wieder überraschen zu können. Zu Beginn seiner Solokarriere arbeitete er mit Jazzmusikern, um seinen eigenen Sound zu finden, was Klassiker wie Sister Moon oder English Man in New York hervorbrachte. 1999 veröffentlichte er den Song Desert Rose, ein Duett mit dem algerischen Sänger Cheb Mami. In der Schweiz war der Song auf Platz 3 der Charts, in Deutschland auf Platz 7, um nur zwei Beispiele zu nennen.

 
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Ein weiterer Beweis für Stings Wagemut ist sein 2006 erschienenes Album Songs of the Labyrinth, das er auf der Laute einspielte, inspiriert vom elisabethanischen Komponisten John Dowland. Laut Sting ein Seelenverwandter aus dem 15. Jahrhundert. Trotz der doch recht wirr wirkenden Idee verkaufte sich dieses Album mehr als 1 Million mal.

Wir statt ich

„Bei meiner Arbeit geht es darum, mit den vorhandenen Möglichkeiten etwas Einzigartiges zu machen“, sagt Sting in der Vinothek Brancaia in Zürich, seinem Schweizer Importeur. „Das ist das Ziel beim Songschreiben, aber auch beim Wein. Etwas anderes interessiert uns nicht.“ Sting spricht eigentlich meist von „wir“, wenn man „ich“ erwarten würde, und genau das macht ihn auch zu einer Ausnahmeerscheinung im Musikzirkus. Er weiss, dass er ohne seine Mitmusiker und Mitmenschen gar nichts erreichen könnte. Wie er das Miteinander mit den Musikern pflegt, so pflegt er auch beim Wein den Austausch mit anderen. Einerseits ist das seine Frau Trudie und andererseits der langjährige Freund und Weinberater Alan York – sowie natürlich die Mitarbeiter vor Ort.

York war es, der Sting und seine Frau auf die Idee brachte, die Weine auf der Tenuta il Palagio – so heissen das Weingut und das Haus in der Toskana – biodynamisch, also nach der Lehre des Anthroposophen Rudolf Steiner, herzustellen. Sting gefiel das natürlich, ihm, der sich seit Jahren für den Erhalt der Regenwälder einsetzt, aber auch sozial und politisch engagiert. Letztmals etwa im November 2016, als er im Bataclan in Paris als Erster nach den Terroranschlägen spielte. Sting verzichtete auf seine Gage und spendete die Einnahmen an zwei Organisationen für die Opfer der Anschläge. Was bei Musikern wie Bono Vox von U2 nur so nach Marketing stinkt, wirkt bei Sting authentisch.

Beim Bioanbau auf dem Weingut ist das ähnlich – Sting geht es dabei nicht um Marketing. So macht er auch keinen Hehl daraus, dass das auf der Tenuta il Palagio noch nicht ganz klappt mit der Biodynamie. Zurzeit sind die Weine biozertifiziert. Doch das Ziel ist klar.

Topakustik im Weinkeller

Die Tenuta, auf der Stings Weine entstehen, kauften Sting und seine Frau ursprünglich als Familienhaus, und die Familie lebte lange einen grossen Teil des Jahres dort, wenn er nicht gerade auf Tour war. Die Trauben wachsen in der unmittelbaren Umgebung, die Weine reifen im Keller und direkt darüber befindet sich ein Tonstudio, in dem Sting viele seiner Lieder gemeinsam mit Mitmusikern arrangiert hat. Manchmal gehe er sogar runter und singe bei den Weinen. Der Grund dafür ist aber nicht etwa esoterisch: „Ich weiss nicht, ob der Wein dadurch besser wird, dafür müsste ich ja mal ein Jahr nicht dort unten singen. Aber ganz ehrlich: Die Akustik im Keller ist einfach super.“ Heute ist Sting nicht mehr so oft in der Toskana, lebt hauptsächlich in New York. Im Juli 2017 heiratet seine Tochter auf der Tenuta. „Für mich ist es noch immer ein Familienhaus – da wäre es ja erst recht irrsinnig, wenn ich aussenrum Chemikalien versprühen lassen würde. Mit dem Anbau von Trauben und anderen Kulturpflanzen verbessern wir die Welt um unser Haus. Wir schaffen neuen Lebensraum.“ Noch eine Parallele zu seinem Engagement als Musiker.

 
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Weine nach Stings Geschmack?

 
 

Doch wie schmecken sie denn jetzt, die Weine von Sting? Sehr gut eigentlich. Allgemein sind sie nicht zu schwer, schön elegant und dennoch nicht zu abgefahren. Weine, die Weinexperten genauso schmecken wie ungeübteren Trinkern. Ganz so, wie Stings beste Songs vielen Menschen gefallen, ohne dabei plump oder allzu plakativ zu sein. Der Rotwein Sister Moon, eine Cuvée aus Sangiovese, Cabernet Sauvignon und Merlot, hat uns bei der Verkostung in Zürich besonders geschmeckt mit seinem vollreifen Aroma und der kontrastreichen Struktur, dem seidigen Tannin und der frischen Säurestruktur. Ein zeitloser Wein irgendwie, nicht getrieben von aktuellen Moden. „Ist das dein Geschmack?“, fragen wir Sting abschliessend. „Ich hoffe schon, dass man meinen Einfluss spürt“, antwortet er und studiert dann kurz. „Die Vorstellungen meiner Frau Trudie und vom Team sind aber genauso mitverantwortlich.“ Ob Sting also wirklich keinen Einfluss auf die Herstellung seiner Weine hat? Wir glauben, doch.

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